Etappe 1 auf dem Albsteig von Harburg nach Mönchsdeggingen mit Nachtzügen und Nachzüglern, Abkürzungen und Umwegen, sozialem Netzwerken und echtem Blinddaten, von verhinderten Burgfräuleins, liebestollen Wanderpredigern und sperrigen Racheengeln und dem geheimen Rezept für Hamburger Wurstsalat (20. September 2020, 14 km, vier Stunden mit Pausen)
Um mich herum ächzt und schaukelt es. Immer wieder schrecke ich aus meinem leichten Schlaf hoch, während es draußen rappelt und pfeift. Lichter streifen mein Gesicht, und das dumpfe Poltern gleich vor meiner Tür zeigt, dass ich nicht die einzige bin, die wach ist. Meine Mitfahrer torkeln durch den schwankenden Zug, vielleicht um der Toilette einen Besuch abzustatten. Derweil liege ich auf einem Bügelbrett. Das gilt sowohl für die Breite meiner Schlafstätte als auch für ihre Polsterung. Ich befinde mich im Nachtzug auf dem Weg in ein neues Wanderabenteuer: dem 365 Kilometer langen Albsteig.
31 – 24 – 14
Nach einem lustigen Abend mit meiner Freundin, die sich bereit erklärt hat, mir die Zeit bis zur Abfahrt um 0:30 Uhr zu vertreiben, stehe ich nächtens am Hamburger Hauptbahnhof und warte auf die Einfahrt des Alpen-Sylt-Express. Er wird mich über Nacht ins bayerische Donauwörth bringen.
Leider ist mir erst ein paar Tage vor Abfahrt aufgefallen, dass, wer samstags in den Nachtzug steigt, sonntags wieder aussteigt. Klingt logisch, hatte ich aber bei meiner Anfangsplanung nicht auf dem Schirm. Ich ging immer von einer Wanderung in 16,5 Etappen aus, wobei die erste samstags bis Harburg kurz und gemütlich sein würde. Nun, diese erste, gemütliche Wanderung fiel der Anreise zum Opfer. Es blieben drei Möglichkeiten: Etappe Eins und Zwei am selben Tag laufen und 31 Kilometer in Angriff nehmen, die erste Etappe um sieben Kilometer mit der Bahn (ab Wörnitzstein) zu kürzen oder sogar komplett zu streichen und ab Harburg die verbleibenden 14 Kilometer bis Mönchsdeggingen zu laufen.
Ursprünglich sollte mein Zug um halb elf abfahren, doch vorab wurde mitgeteilt, dass wir zwei Stunden später starten. Meine Ankunft wird somit für 10:45 Uhr erwartet, was auch gleich die Frage beantwortet, wie viele Kilometer ich heute nicht laufen werde: 31 Kilometer, also zwei Etappen, sind unrealistisch. Außerdem muss ich erst einmal ankommen- und davor schlafen, den Rest entscheide ich spontan.
Es rappelt in der Kiste
Der Alpen-Sylt-Express fährt pünktlich ein. Auch das mir beschiedene Abteil ist schnell gefunden, doch schon stehe ich vor dem ersten Hindernis: einem verschlossenen Eingang. Die Abteilschiebetür öffnet sich nicht, und ich wage nicht, zu viel Lärm zu machen. Was, wenn ein Versehen vorliegt und eine arme Seele bereits eingeschlafen ist?
Auf der Suche nach Personal finde ich gleich ein Abteil weiter den Wagen für die Zugbegleiter. Eine gut gelaunte Dame schließt mir mein Reich auf und erklärt noch netterweise, wie sich die Sitzbänke zu Schlafstätten umbauen lassen. Die mittlere Liege sei diejenige, die am wenigsten schaukle, verrät sie mir.
Da außer mir sowieso niemand dieses Abteil betreten wird, mache ich mich umgehend an den Umbau. So sehr ich mich auch bemühe, es will mir einfach nicht gelingen, die Leiter, die unter dem untersten Bett angebracht ist, ohne zu viel Kling und Klong hervorzuzaubern. Meine Nachbarn werden über diese nächtliche Konzerteinlage begeistert sein.
Irgendwann ist das Bett gemacht, die Leiter hängt ans Fenster gelehnt und ich geschafft auf der Sitzbank gegenüber. Inzwischen ist es ein Uhr, und ich mache einen Abstecher in den Waschraum, der mir sämtliche Balancierkünste abverlangt, weil der Zug so wackelt, während ich Zähne putze und dabei meinen Kulturbeutel zwischen die Beine geklemmt habe. Ermattet besteige ich wenig später mein Bett im ersten Stock und schließe die Augen.
Während ich das Gewackel des Zuges als recht gemütlich empfinde, kann ich dem Pfeifen und Quietschen eher wenig abgewinnen. Das recht kurze Bett samt „Rausfallschutz“ an der Seite macht es mir zudem unmöglich, die Beine heraushängen zu lassen. Ich weiß einfach nicht, wohin mit den beiden, während ich von links nach rechts schwanke. Das mittlere Bett ist definitiv NICHT das bequemste, zumindest nicht für Menschen meiner Größe.
Räumliches Denken – Setzen, Sechs
Es dauert, bis ich aufgebe. Um 3:30 Uhr erhebe ich mich schließlich entnervt, klettere die Leiter hinunter und verwandle das untere Bett in meine Lagerstätte für den Rest der Nacht. In diesem Zuge (in diesem Zug?) kann ich auch gleich die Leiter entfernen, die bei jedem Schlenker ein vorwurfsvolles Boing von sich gibt, wenn sie gegen das Fenster schlägt.
Klingt einfacher, als es ist. Räumliches Denken ist nicht gerade meine Stärke. So sehr ich versuche, die Leiter an ihren ursprünglichen Platz unter dem Bett zu verfrachten, so sehr scheitere ich. Ein Ende ist immer zu lang und kollidiert mit dem Tisch oder dem Bettgestänge. Ich gebe mich geschlagen. Soll sie doch quer im Raum liegen!
Ich selbst wiederum liege diesmal andersherum. Kopf zum Fenster bedeutet nämlich, dass mir die Lichter nicht mehr ins Gesicht scheinen und ein kleiner Lufthauch um meine Nase weht. Es ist frisch, aber ich bin zu müde für weitere Optimierungen und freue mich einfach, dass ich nun zumindest die Knie über den Bettenrand baumeln lassen kann.
Frühstück in Gesellschaft
Um sieben Uhr, wir halten gerade in Darmstadt, wache ich fröstelnd auf und ziehe mein Merino-Shirt aus dem Rucksack und döse noch einmal ein, bis es um acht an der Tür bummert. Der Kaffee will rein. Ich versuche, mich mit zwei Handgriffen (T-Shirt und Haare richten) in einen normalen Menschen zu verwandeln und entriegele die Abteiltür. Man reicht mir Kaffee, Croissant und ein Trinkpäckchen.
Als ich nebenbei durch die sozialen Medien surfe, erwartet mich eine Überraschung auf Twitter. Gestern hatte ich das Foto meines Rucksacks samt Reiseführer gepostet. Nun kann ich meinen Augen kaum glauben, als mir jemand schreibt, dass auch er am heutigen Tag den Albsteig begonnen hat. Vielleicht laufen wir uns ja über den Weg?
Um 10:45 Uhr fahren wir in den Donauwörther Bahnhof ein. Meine Vorfreude steigt. Ich werde es gemütlich angehen lassen, den Albsteig von Harburg beginnen und nur die 14 Kilometer bis Mönchsdeggingen laufen. Alles andere scheint mir nach vier Stunden Schlaf etwas überambitioniert.
Trinken in der Speisewirtschaft
Der Zug nach Harburg fährt sonntags alle zwei Stunden. Ich werde den um 13 Uhr nehmen, dann kann ich mir jetzt noch Donauwörth anschauen, das mir bisher nur als Standort von EADS/Airbus ein Begriff war.
Vom Bahnhof ist es nur ein kurzer Schlender bis zum rosafarbenen Rieder Tor, dessen wuchtige Mauern mich von der Altstadt trennen. Wenige Schritte dahinter befindet sich das Rathaus, dessen Glockenspiel mit „Danke für diesen guten Morgen“ grüßt. Ich werte das als gutes Omen.
So richtig in Touri-Laune bin ich nicht. Vorerst lockt mich vor allem die lokale Gastronomie. Ein ordentlicher Kaffee mit einem Stück Kuchen wäre zauberhaft. Wie praktisch, dass hinter der Straßenbiegung gleich mehrere Gaststätten und Cafés in den bunten Häuschen entlang der Reichstraße auf Besucher warten.
Die Terrassen sind an diesem sonnigen Tag gut besucht. Ich setze mich in das ’s kleine Café (so der Name) und begutachte die Kuchenauswahl im Tresen. Die kompetente Beratung übernimmt Leon, der Sohn einer der Kellnerinnen. Favorit des Grundschülers ist der Käsekuchen mit Mandarinen und Maracujagelee. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen und kleine Feinschmecker bringt mir den Kuchen stolz höchstpersönlich an den Tisch.
Derweil diskutiert das geschätzt 80-jährige, rheinische Ehepaar schräg hinter mir, ob man in einer Speisewirtschaft auch nur etwas trinken dürfe. „Nee, da musse nitt immer wat essen“, erklärt der Herr seiner nicht ganz so überzeugten Gattin. Ich schmunzle. Rheinländer sind einfach überall und dabei in der Regel so laut, dass man sie auch umgehend findet.
Während ich mir Kaffee und Kuchen schmecken lasse, schaue ich noch mal bei Twitter vorbei. Oliver ist inzwischen schon kurz vor Harburg. Er sei unschwer an seinem knallig orangen Rucksackschutz zu erkennen, gibt er mir mit auf den Weg. Ich staune immer noch, war ich doch felsenfest überzeugt, alleine zu laufen. Was für Aussichten! Da kann ich ja gegebenenfalls die ungeliebten einsamen Abende gegen gesellige Runden tauschen.
Mit Gottes Segen durch Donauwörth
Die überschaubare Anzahl Donauwörther Sehenswürdigkeiten erschließt sich gut zu Fuß. Neben dem bereits erledigten Rieder Tor gibt es noch das Käthe Kruse Museum, das momentan leider Corona-bedingt geschlossen ist, sowie zwei Kirchen, die nur einen Steinwurf voneinander entfernt sind.
Das Liebfrauenmünster ist praktischerweise gleich auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Die Deckenmalereien in den Seitenschiffen sind traumhaft. Sie stammen aus dem frühen 16. Jahrhundert und wurden 1938/1939 freigelegt, lese ich. Doch auch das eher schlicht gehaltene Mittelschiff mit den aufgemalten, grauen Verzierungen, gefällt mir.
Als ich gerade in der seitlich gelegenen Kapelle Platz genommen habe, erklingt zu meiner großen Freude die Orgel. Beschwingt verlasse ich wenig später das Münster und wende mich der gelben Heilig Kreuz Kirche, dem über dem Ort thronenden Wahrzeichen, zu, das mit seinen verspielten Zwiebeltürmchen wirklich viel hermacht. Nun nähere ich mich von der Straße.
Die Kirche wirkt deutlich weniger erhaben, sondern eher etwas in den Hof gequetscht. Sie ist Teil einer ehemaligen Klosteranlage der Benediktiner. Innen erschlagen mich Gold und Marmor, Schnörkel und Malerei. Das Rokoko lässt grüßen.
Erschlagen bzw. vielmehr enthaupten ist auch gleich das nächste Stichwort, denn eine Grabplatte, eingerahmt von einem wunderschön geschwungenen Gitter, weckt meine Aufmerksamkeit. Sie erinnert an Herzogin Maria von Brabant, die ihr eifersüchtiger Mann 1256 enthaupten ließ, weil er sie fälschlich der Untreue verdächtigte. Und als wäre das nicht grausam genug, mussten auch gleich noch ihre beiden Hofdamen dran glauben. Was für eine Wurst, dieser Ludwig der Strenge.
High Noon in Harburg
Es wird langsam Zeit, Donauwörth den Rücken zu kehren. Treppen führen vom Friedhof hinunter zur Wörnitz, und ich laufe entlang des Flusses einen kleinen Bogen zurück Richtung Bahnhof.
Aus dem fahrenden Zug kann ich einen Blick auf die hübsche Kalvarienbergkapelle in Wörnitzstein werfen. Die hätte ich mir gern angeschaut, denn sie ragt, auf einem felsigen Vorsprung errichtet, von weitem sichtbar in die Luft.
Nach einer Viertelstunde Fahrt steige ich um 13:15 Uhr in Harburg aus und mache erst einmal große Augen. Der Bahnhof liegt im absoluten Nirgendwo. Von Häusern oder gar der hiesigen Burg fehlt jede Spur. Kurz frage ich mich, ob ich in den falschen Zug gestiegen bin, aber nein, das Schild am Bahnsteig sagt klar, dass dies Harburg ist. Nun denn.
Während ich die geisterhafte Kulisse durchschreite, muss ich an alte Westernfilme denken. Ich würde mich nicht wundern, wenn in dem heruntergerockten Bahnhofshäuschen Schurken mit Cowboy-Hüten zum High Noon auf mich warten würden, während sie sich selbstgebrannten Fusel hinter die Binde gießen.
Als ich die Straße erreiche, ragen graue Betonmassen in den Himmel. Das riesige Gelände einer Kiesfabrik befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite. Ich sehe zu, dass ich Land gewinne. Dies ist kein Ort, an dem man sich lange aufhalten möchte.
Keine Karriere als Burgfräulein
Am Ende der Straße ändert sich das Bild. Über viele idyllische Stufen geht es himmelwärts in einen kleinen Wald hinein und direkt auf Harburg zu.
Der Weg ist beschaulich, es gibt verschiedenste Pilze zu bewundern, darunter ein hübscher Riesenporling. Der Herbst sitzt lauernd in der Ecke, auch wenn die Blätter der Bäume noch keinerlei Färbung aufweisen. Zwischen den Zweigen bieten sich immer wieder Möglichkeiten, einen Blick zurück zu riskieren. Erst von hier kann ich die Dimensionen der Fabrik wirklich greifen. Die Skyline erinnert mich ein wenig an Frankfurt. Auch hier geht es in den Türmen um jede Menge Kies.
Am Ende des Waldes wartet ein Wanderwegweiser auf mich. In alle Richtungen lässt sich die Region zu Fuß durchschreiten. Neben vielen Einzelzielen warten gleich mehrere Etappenwanderungen auf Interessierte. Ganz oben thront der Albsteig HW1, darunter der Main-Donau-Weg, der Frankenweg und der Wanderweg Romantische Straße.
Gleich um die Ecke greife ich dann meinen ersten, geradezu verschwenderischen Panoramablick ab. Es werden noch viele auf dieser Tour folgen, aber das Szenario aus erhöhter Burg zur Linken, Häusern in der Mitte und Fluss zur Rechten gehört zu den schönsten und zieht mich direkt in seinen Bann. Gerade in Kombination mit dem heuigen Traumwetter bleiben keine Wünsche offen.
Wenig später stehe ich an der Burg, die ich nur von außen begutachten kann. Ihre Besichtigung soll sich lohnen, las ich, muss jedoch selbst zeitbedingt passen. Meine Karriere als Burgfräulein verschiebt sich auf einen anderen Tag, denn irgendwann sollte ich mal ernsthaft mit dem Wandern beginnen. Auch 14 Kilometer bis Mönchsdeggingen laufen sich nicht von selbst.
Rasputin am Gipfelkreuz
Ich lasse die Burg rechts liegen und wandere entlang der geparkten Autos einen kleinen Hügel hinauf. Der Albsteig verläuft auf der Straße, die heute spärlich befahren ist. Ohne schützende Bäume knallt die Sonne zwischen den Feldern auf mich herunter. Die schwüle Wärme nimmt mir ein wenig Leichtigkeit. Immer wieder wandert mein Auge sehnsüchtig zu einzelnen Lindenbäumen, die, teils mit einer Bank versehen, schattige Rastplätze bieten würden. Ich verkneife sie mir. Auf nach Mönchsdeggingen.
In meinem Kopf hat sich das altbekannte Wanderradio eingeschaltet und spielt wie immer ungefragt genau die Songs, die einem richtig auf den Keks gehen. Unvergessen ist der Little Drummer Boy, jenes amerikanische Weihnachtslied, das mich auf dem Jakobsweg 2016 durch die Hitze der spanischen Meseta begleitet hat.
Nun ertönt Boney M und singt Ra-Ra-Rasputin. Ich kann mir wenig vorstellen, was unpassender wäre, zumal mein Radio auch nur die ersten beiden Zeilen des Refrains beherrscht, diese aber in unfassbarer Penetranz in Dauerschleife zum Besten gibt.
Zwanzig Minuten später liegt das erste Highlight vor mir und dem russischen Wanderprediger: das Gipfelkreuz auf dem Bockberg, einer mit 570 Höhenmetern überschaubar hohen Erhebung. Aber sei es drum, geschafft ist geschafft.
Auf der Heidefläche tummeln sich erstaunlich viele Menschen. Der mittelmäßig spektakuläre Ausblick erklärt mir dies nicht sogleich. Ein Schild bietet Erleuchtung. Was da vor mir liegt, ist das Nördlinger Ries, lese ich, eine fast kreisrunde Fläche mit zehn Kilometer Umfang, die auf einen Meteoriteneinschlag zurückzuführen ist.
Gleich hinter der Anhöhe zerstreuen sich die Menschen in alle Richtungen. Nur eine Person bleibt vor mir: eine Dame mit mittelgroßem Rucksack. Ob sie wie ich den Albsteig erwandert?
Selbiger taucht nun zu meiner Erleichterung in einen Wald ein. Endlich Schatten. Wenig Schlaf hilft offensichtlich nicht, souverän mit Schwüle umzugehen. Mein Tempo zieht unter den Bäumen augenblicklich an.
Grau mit einem Hauch von Pink
Die Waldwege, auf denen ich nun zügig vorwärts komme, werden breiter und zeichnen sich hautsächlich durch verschiedenste Arten von Kies und Schotter in unterschiedlichen Hellgrautönen aus. Eine Wiese voller Schmuckkörbchen in der Nähe des Wanderparkplatzes bietet da einen umso schöneren Kontrast mit ihrem knalligen Pink.
Kurz darauf überquere ich eine Straße und bestaune eine zwanzigköpfige Gruppe aus drei Generationen, die mir entgegenkommt. Wo ich denn hinwolle, fragt ein Herr interessiert, nachdem er meinen Rucksack gemustert hat. Ich gebe gern Auskunft. Da sei er ja froh, dass er gleich ins Auto steigen könne. 350 Kilometer zu Fuß wären nichts für ihn, aber mir wünsche er viel Spaß.
Nur 15 Minuten später komme ich am malerisch im Wald gelegenen Lokal Eisbrunn an. Daher kam also die Wandergruppe samt Kindern. Der angeschlossene Biergarten ist gut besucht, der Corona-Abstand wird eingehalten und jeder zweite Biertisch ist gesperrt.
Hamburger Wurstsalat
Vergebens schaue ich mich nach einem orangefarbigen Rucksackschutz um, doch der unbekannte Mitwanderer Oliver scheint nicht hier zu sein. Dafür steht plötzlich die Dame mit dem Rucksack hinter mir in der Schlange. Während ich auf meinen Bayerischen Wurstsalat warte, spreche ich sie auf ihr Gepäck an. Ssie bestätigt meine Vermutung. Auch sie erwandert den Albsteig.
Als mir mein Teller überreicht wird, staune ich nicht schlecht. Wurstsalat kenne ich noch aus Heidelberger Zeiten. Damals hatte er in meiner Erinnerung ein paar mehr Zutaten und die Fleischwurst war in dünne Streifen geschnitten. Im heutigen Fall besteht er aus Wurstscheiben, Zwiebeln, viel Essig-Dressing und ein bisschen Gedöns (Radieschen, Ei, Sauergurke – kein Salat). Et voilá. Begeisterung sieht anders aus.
„Das ist also Bayerischer Wurstsalat“, sage ich mit einem im besten Fall leicht fragenden, gegebenenfalls aber leicht angeekelten Ton in der Stimme. Susanne versteht mein Problem nicht. „Wie macht ihr den denn in Hamburg?“, fragt sie etwas pikiert. Meine Antwort: „Gar nicht!“, bringt mich zwar zum Lachen, weil das nun wirklich eine sehr, sehr regionale Spezialität ist, doch meine Mitstreiterin verzieht keine Miene.
Der große Navigationsdiktator
Humor scheint momentan nicht unbedingt ihr Steckenpferd zu sein. Sie wirkt etwas angespannt. Schnell findet sich der Grund. Susanne läuft das erste Mal alleine. Sie hat ihren Mann diesmal zuhause gelassen.
An sich findet sie es herrlich, nun ohne die „Diktatur des Navigationsgeräts“ unterwegs zu sein, fragt sich aber gleichzeitig, ob sie es alleine schaffen wird. Ihr Rucksack schmerze jetzt schon und sei vielleicht doch zu schwer. Gott sei Dank hat sie es nicht weit nach Hause und plant für ihr erstes Mal vier bis fünf Tage. Sie kann ja jederzeit wiederkommen.
Ich erzähle, dass mit uns noch ein weiterer Wanderer auf dem Weg sei. „Meinscht den Oliver?“, fragt sie. Die beiden hätten sich heute Morgen getroffen. Er sei jedoch deutlich zu schnell für sie gewesen, und so habe sie ihn ziehen lassen. An einen orangefarbigen Rucksackschutz erinnert sie sich zwar nicht, aber er habe eine leuchtend blaue Hose.
Ich muss lachen. Die Wanderwelt ist wirklich klein. Nicht nur, dass wir uns jetzt schon alle irgendwie begegnet sind, auch Susanne übernachtet in „unserer“ Pension in Mönchsdeggingen. Sie bittet mich, noch kurz auf ihren Rucksack aufzupassen, während sie auf Klo flitzt. Kaum zurück, verabschiedet sie sich und stiefelt los.
Ein ausgeschlagener Lift
Latent verwirrt bleibe ich zurück und sehe ihr nach. Eigentlich hätte ich erwartet, dass sie sich revanchiert und ein Auge auf meine Sachen hat, während ich auch mal verschwinde. Wandererehre und so. Aber vermutlich hat sie soweit gar nicht gedant.
Mein Problem löst sich von selbst, als sich ein Paar an meinen Tisch setzt und sofort bereitwillig meinen Rucksack bewacht. Ob ich den HW1 laufe, will die Dame nach meiner Rückkehr wissen. „Da übernachtest du doch sicher bei der Hanna heute Nacht?“ Dunkel erinnere ich mich, dass die Pensionswirtin so heißt. Die Hanna habe die beschte Currywurscht, verrät man mir. Ich hatte keinen Schimmer, dass es in der Unterkunft in Mönchsdeggingen Essen gibt. Meine Recherche hatte nur ergeben, dass der einzige Gasthof, den ich finden konnte, wegen Corona geschlossen sei. Da hätte ich mir den Wurstsalat ja sparen können.
Parallel schreibt derweil Oliver, dass er am Ziel sei. Auch er weiß vom Restaurant in der Unterkunft zu berichten und so verabreden wir uns dort. Das nette Paar bietet an, mich mit dem Auto mitzunehmen, doch ich schlage den Lift dankend aus. Ich habe gerade mal sieben Kilometer hinter mich gebracht. „Des isch gegen die Wanderehre, gell?“, zwinkert mir die Dame zu und wünscht mir alles Gute, als ich aufbreche. Ich bedanke mich für den Currywurst-Tipp und verspreche, Grüße an Hanna zu übermitteln.
Russische Liebesmaschinen auf Wegumleitungen
Rasputin und ich nehmen die verbleibenden ca. sieben Kilometer in Angriff. In gut anderthalb Stunden sollte ich in Mönchsdeggingen sein, wenn alles klappt. Das tut es auch erst einmal. Ich laufe abwechselnd durch Wald (und erneut auf breiten Schotterwegen) und Wiesenlandschaften und folge der Markierung, die bis zu diesem Moment wenig zu wünschen übrig ließ. Dann weist ein Schild darauf hin, dass die Wegführung des Albsteigs umgeleitet wurde und schickt mich nach rechts.
Gewohnt gehorsam folge ich dem neuen Weg, was sich nicht unbedingt als glückliche Fügung erweist, auch wenn ich vorerst an idyllisch gefällten Baumstämmen vorbei durch die inzwischen angenehme Nachmittagssonne stiefle. Hübsche Gräser und Disteln am Straßenrand tanzen sanft mit dem Wind.
„Ra-Ra-Rasputin, Lover of the Russian Queen“ singt es in mir, sicher nicht im Takt des Windes, aber das ist „Russia’s greatest love machine“ egal. Wer denkt sich eigentlich solche Schwachsinnstexte aus, und wieso merke ich sie mir?
Harley Days mit Kletterparty
Der Weg führt nun abwärts in Richtung Straße, von der es laut aufheult. Unten angekommen treffe ich auf Susanne, die mit bösem Blick jeden einzelnen Motorradfahrer mustert, der vorbeibraust. So gehe das schon die ganze Zeit, und sie käme nicht hinüber, schimpft sie. Wir stehen noch weitere fünf Minuten am Straßenrand, bis wir endlich halbwegs sicher auf die andere Seite kommen. Ich fühle mich wie bei den Hamburger Harley Days.
Mir ist aufgefallen, dass ich seit längerem keine Markierung mehr gesehen habe und dass es auf der anderen Straßenseite leider nicht weitergeht. Susanne kann auch nicht weiterhelfen und so folgen wir der Straße talwärts, was wenig Spaß macht, da immer wieder neue Wochenendausflügler an uns vorbeiheulen. Von Markierungen weiterhin keine Spur. Wir sind laut GPX zwar in Richtung Mönchsdeggingen unterwegs, allerdings müssten wir dazu weiter besagte Landstraße nehmen, was nicht in Frage kommt. Die Fahrzeuge sind zu schnell, und es gibt zu viele Kurven.
Ich entdecke einen kleinen Stichweg, der aber unverrichteter Dinge vor einem kleinen, steilen Hügel endet. Wenn ich dort hinaufgehe, müsste ich auf dem ursprünglichen Weg landen, weiß das Navi. Da würde ich doch wohl nicht hinaufklettern wollen, fragt Susanne und schaut skeptisch auf den belaubten, recht matschigen Hügel. Auf dem Feld zu unserer Rechten fährt ein Traktor. Wir könnten den Bauern fragen, schlägt meine Mitstreiterin vor.
Ich habe kein Interesse, das halbe Feld zu durchschreiten. Sie könne das gerne tun, aber ich wolle zurück auf den Weg, informiere ich Susanne und gehe los, ohne die Reaktion abzuwarten. Mit etwas Abstand folgt sie, während ich mir beherzt meinen Weg durch die verlaubte Vegetation bahne. Hier ist länger kein Forstarbeiter langgefahren. Prustend oben angekommen, überwinde ich ein letztes Gestrüpp, dann stehe ich wieder auf dem Albsteig. Na also. Mönchsdeggingen ist nur noch eine halbe Stunde entfernt.
Der Rächer der Versperrten
Das letzte Stück laufe ich gemütlich aus. Es geht leicht bergab durch den Wald und wenig später stehe ich am Kloster von Mönchsdeggingen, das erstmals 1007 urkundlich erwähnt wurde. Der Rother empfiehlt die hiesige Klosterkirche als sehenswertes, barockes Schmuckstück und so betrete ich den Innenhof.
Auf der angrenzenden Rasenfläche bewundere ich eine Engelsstatue an einem Brunnen. Mir bietet sich ein besonderes Schauspiel, denn das vergoldete Blatt, das der Engel emporreckt, wird von der Sonne angestrahlt und leuchtet mysteriös.
Zeitgleich wirft die Figur einen geradezu dämonisch-geisterhaften Schatten an eine alte Pforte gegenüber. Es scheint mir ein Zeichen, denn die wenige Schritte entfernte Kirche ist leider verschlossen. Ich werde morgen früh noch einmal herkommen, dann ist sie hoffentlich geöffnet.
Punkte fürs Karmakonto
Als ich mich auf den Weg zurück mache, treffe ich erneut Susanne und gemeinsam nehmen wir die letzten Meter in Angriff. Ich bewundere eine uralte, riesige Eiche auf dem Weg zu unserer Unterkunft Pension am Buchberg.
Meine Begleiterin wird derweil immer wortkarger. Sie ist wirklich platt und hat wenig später für das Plaudern der Wirtin keine Kraft mehr, sodass sie ihr ins Wort fällt und bittet, uns möglichst schnell auf die Zimmer zu lassen, sie müsse duschen.
Eigentlich wäre meine Bleibe im Erdgeschoss und Susannes ein Stockwerk höher. Als ich ihren erschöpften Blick auffange, schlage ich kurzerhand vor zu tauschen. So kann sie an Ort und Stelle bleiben. Das Karma dankt es mir, denn das obere Zimmer könnte auch eine Kleinfamilie beherbergen. Ein großes Ehebett wartet auf mich, im Nebenzimmer stehen weitere Betten bereit, und man hat Zutritt zu einer kleinen Veranda. Da freut sich die Raucherin.
Abschlussquartett – einer kommt, einer geht, einer bleibt
Wie über Twitter mit „Blind Date“ Oliver verabredet, bin ich um sieben im Restaurant, um meine eigentliche Wanderbekanntschaft zu treffen. Susanne sitzt mit einem Mann am Tisch, den ich unschwer als den Berliner identifiziere. Ich hocke mich dazu und bestelle die legendäre Currywurst, nicht ohne Wirtin Hanna zu erklären, dass mir ihr Ruf bereits auf dem Weg entgegengeeilt ist. Bei dieser Charmeoffensive kann sie nicht lange wiederstehen und taut merklich auf.
Das Gespräch tröpfelt anfangs noch ein wenig vor sich hin, doch wird es schnell flüssig, spätestens nachdem wir mit dem von Hanna empfohlenen Obstbrand angestoßen haben. Ohne es zu wissen, ist das der Auftakt zu einem Ritual, das sich in den nächsten Tagen etablieren wird.
Susanne hat sich bereits ins Bett verabschiedet, um ihrer Hüftschmerzen Herr zu werden, doch wir sind erneut zu dritt. Den Mann, der lesend am Nebentisch saß, habe ich kurzerhand an unseren Tisch geholt. Mir tun Leute, die allein sind, während andere eine gute Zeit haben, immer ein wenig Leid. Auch er wandert den Albsteig und wird nicht müde, uns immer wieder zu erzählen, dass er jetzt eigentlich auf den Azoren wäre, um „richtig“ zu wandern. Beim dritten Mal verdrehe ich bereits genervt die Augen. Da habe ich uns ja etwas Tolles eingebrockt.
Unser neuer Tischpartner scheint zur Marke „ich bin schneller und weiter als ihr“ zu gehören und fragt pflichtschuldigst, wie lange wir für die Etappe gebraucht hätten. Oliver besteht den Test, während ich sofort durchrassle, weil ich ja „erst“ in Harburg gestartet bin. Das seien ja gerade einmal 15 Kilometer. Dass ich im Gegensatz zu ihm Fernwandererfahrung habe, tut nichts zur Sache. Sein ist der Tagessieg, er war der Schnellste. Hinten kackt die Ente, denke ich und werde – Spoiler-Alarm – Recht behalten.
Das Gespräch mit ihm will nicht so recht in Gang kommen, doch dafür habe ich in Oliver einen grandiosen Gesprächspartner. Angeregt diskutieren wir unsere vergangenen Wanderungen. Der Berliner mit schwäbischem Hintergrund war viel in Schottland und Irland unterwegs, aber auch schon in Russland auf Kamtschatka. Fasziniert höre ich zu und bin überrascht, wie schnell es halb zehn ist.
Morgen sind wir um acht zum Frühstück verabredet. Die Verwunderung, offensichtlich nicht alleine unterwegs zu sein, bleibt. Drei Mitstreiter zur Seite zu haben, ist für mich mehr als überraschend. Deutsche Wege waren bisher von Einsamkeit geprägt. Umso mehr freue ich mich auf nette Gespräche am Abend. Die nächsten drei Tage haben wir alle identisch geplant. Danach werde ich Oliver ziehen lassen, während mir Mr Azoren später wieder über den Weg laufen wird. Schauen wir mal, wie das wird. Müde falle ich ins Bett. Es gibt einiges an Schlaf nachzuholen.
Kommentare und Feedback
In Deutschland habe ich mich inzwischen wirklich daran gewöhnt, alleine unterwegs zu sein. Umso begeisterter bin ich, dass dies beim Albsteig anders sein wird. Gerade abends genieße ich Gesellschaft, tagsüber hingegen finde ich es eigentlich ganz reizvoll, allein unterwegs zu sein.
Wie ist das bei dir? Wanderst du gern mit anderen zusammen oder ziehst du es auch vor, auf dich gestellt zu sein? Und teilst du meinen Eindruck, dass man bei uns selten Fernwanderer trifft?
Wie immer freue ich mich über eine Nachricht in den Kommentaren.
Verfolgungswahn
Du kannst meine heutige Etappe von Harburg nach Mönchsdeggingen nachwandern, wenn du magst. Nur den Bogen über die Straße und dann den Hügel hinauf, würde ich dir nicht unbedingt empfehlen. Bleib einfach auf der ursprünglichen Strecke.
Zeitreise
Vorwärts: Fragst du dich, wie es nach diesem eher entspannten Auftakt weitergeht? Dann komm doch mit auf Etappe zwei von Mönchsdeggingen nach Bopfingen, die ich in Gesellschaft von Katzen und Meerjungfrauen, durch Klosterruinen und Funklöcher mit Schneewittchen und der eisernen Lady immer in Richtung eines der bedeutendsten Berge Deutschlands laufe, wo die Mutter der Buche und Chefin des Bären warten.
Rückwärts: Möchtest du wissen, wieso ich mich für den Albsteig entschieden habe und brauchst Informationen rund um Unterkünfte, Packliste und Etappenplanung. Dann schau doch mal in meinen Überblicksartikel mit allen wichtigen Informationen.
Na endlich geht es los mit deinen Berichten über den Albsteig! 😄 Passend zu unserem Abschied von der Alb. Reziprok zu dir wandern wir dann demnächst auf dem Harzer Hexenstieg, gell? 😆
Wolltet ihr nicht meinen Spuren auf dem Stormarnweg folgen? Aber ja, Steffi, endlich kommt der Albsteig ans Licht. Vermutlich nicht jede Woche, weil ich das nicht schaffe, aber besser das, was das ist, teilen als Interessierte unnötig im Dunkeln tappen lassen.
Die erste Etappe ist immer etwas besonderes. So lange hat man geplant und nun geht es los, alles ist neu …
Ja, genauso ist es. Und dann ist da auch immer diese kurze Frage, ob man eigentlich wahnsinnig ist und wieso man nicht mal gemütlichen Hotelurlaub macht 😉
MITFAHRER GESUCHT!
Diese unsichtbare Unterzeile – ich hab sie gelesen.
Da bin ich sehr gern wieder eingestiegen, Audrey. 🙂
Erst war ich etwas irritiert – gibt es doch auch ein Hamburg-Harburg, haha.
„Hinten kackt die Ente“ … ich bin sehr gespannt drauf, was hinten rauskommt 🙂
Liebe Grüße aus B
von R
Mir ging es wie dir. Ich hatte auch ehrlich gesagt keine Ahnung, dass es ein Harburg gibt, das nicht an mein Zuhause grenzt. Aber ich muss zugeben: die bayerische Variante ist die schönere 🙂
Danke für die unterhaltsame ausführliche Wanderbeschreibung und die reizvollen Fotos!
Dein Nachtzug-Erlebnis kann ich gut nachvollziehen, denn bei all meinen hoffnungsfrohen Nachtzug-Versuchen kam ich auch immer nur auf wenige Stunden Schlaf und musste mit wackeligen Bad-Sessions und kargem Frühstück vorlieb nehmen.
Denkst du, dass beim Gericht „Wurstsalat“ auch Salatblätter dabei sein sollten? So ging es einem englischen Bekannten vor mir einmal. Er meinte eigentlich, er habe mit „Wurstsalat“ einen (gemischten) Salat bestellt, der mit Wurststückchen angereichert sei. Dass die Wurst (neben Zwiebeln) der Hauptbestandteil war, verwunderte ihn doch sehr. (Beim „Schweizer Wurstsalat“ sind dann noch ordentlich Käsestreifen mit drin.)
Ich selbst wohne in der Gegend, die du in dieser Wanderetappe beschreibst und es ist vergnüglich zu lesen, wie eine Wanderin aus Hamburg unsere ländliche Region erlebt. Bei der Umgebung des Harburger Bahnhofs habe ich mir auch schon gedacht, dass Menschen, die sich hier nicht auskennen, Zweifel bekommen müssen, ob sie am richtigen Ziel angekommen sind. Zum Glück geht’s ja dann bald den hübschen Anstieg in Richtung Burg hinauf.
Der Bockberg mit dem Gipfelkreuz ist normalerweise ziemlich einsam, aber seit Corona tummeln sich dort mehr Menschen (übrigens auch um die Harburg herum), besonders am Wochenende. Im Sommer 2019 (also noch vor Corona) wurde ein „Märchenweg“ von der Ortsmitte zur Burg hinauf angelegt. Er zieht und zog seitdem viele Familien mit kleineren Kindern an, gerade in Zeiten, in denen andere Freizeitmöglichkeiten (Zoo, Wildpark, Schwimmbäder) geschlossen bleiben mussten. Aber kaum geht man ein paar Schritte weiter (wie auch du nach dem Gipfelkreuz gemerkt hast), ist man wieder (fast) allein unterwegs.
Schöne Grüße und viel Spaß bei weiteren Wandertouren.
Freut mich sehr, dass es dir gefallen hat. Ist ja immer so eine Sache, wenn man sich selbst gut auskennt, und dann kommt da Eine, die wenig Ahnung hat, aber dafür darüber schreibt 😉
Beim Wurstsalat hatte ich tatsächlich keine Salatblätter erwartet. Ich hatte aber in dünne Streifen geschnittene Wurst erwartet und neben den Zwiebeln auch mehr Gurke, Ei, Radieschen etc. als kleingeschnittener Bestandteil. Aber gut – wieder was gelernt. Wobei ich jetzt nicht beurteilen kann, wie „typisch“ diese Scheibenvariante ist. Für die hätte ich „Wurstplatte“ passender gefunden 😀
Falls dir als Einheimischen noch etwas auffällt, was nicht ganz stimmt / kommentiert / korrigiert werden muss, lass es mich bitte wissen. Ich finde es super, wenn das hier ein Austausch ist.
Lieben Gruß
Audrey
Nach deinem Pinterest-Tipp für mich wollte ich heute eigentlich nur mal schnell auf einen flotten Pin bei dir vorbeischauen und zack – hab ich mich wieder mit Vergnügen festgelesen.
Ein Wörtchen zur Einsamkeit auf süddeutschen Pilger- bzw. Wanderwegen:
Harburg und Donauwörth liegen ja auch als Tagesetappenziele auf dem Bayerisch-Schwäbischen Pilgerweg, allerdings verläuft der Weg anders als beim Albsteig östlich der B 25, und umgekehrt von Nord nach Süd.
Als ich Anfang Juli 2020 auf dem BW-Camino für eine Woche lief, war es dort echt menschenleer im ländlichen Schwaben. Es gab mehrere Tage, da hab ich unterwegs gar keine anderen Leute, weder Einheimische, geschweige denn andere Pilger oder Wanderer getroffen. Ich hab mich total gewundert, dass bei schönstem Wetter auf den besten Wegen durch Wald und Flur weder Familien, noch Jogger, Hundebesitzer oder Biker unterwegs waren.
Die Kontakte tagsüber konnte ich nach über 100 Kilometern an eineinhalb Händen abzählen. Ich fand das auch nicht weiter schlimm, denn ich laufe gern für mich allein. Nur abends halt, wenn man tagsüber viel geschwiegen hat, braucht der durchschnittliche, gesellige Rheinländer – aka Labertasche – statt Bäume gerne mal ein menschliches Pendant zum Austausch.
Am letzten Tag der Woche, und genaugenommen am Zielpunkt meiner Route in Augsburg, habe ich dann tatsächlich noch zwei weitere Pilger getroffen. Das war aber totaler Zufall.
Vor gut einem Monat habe ich die Strecke von Augsburg fortgesetzt, wieder eine Woche, wieder allein, wieder über 100 Kilometer. Die Beherbergung von Touris im Gastgewerbe war grad zwei Wochen wieder möglich.
Und was soll ich sagen? Kein einziger Pilger weit und breit zu sehen. Auch kein Fernwanderer. Richtung Oberallgäu waren ein paar Tageswanderer und Spaziergänger unterwegs, aber alles in allem glich das Bild exakt dem Vorjahr. Sehr einsam. Viel Zeit zum Nachdenken.
Man hat mir gesagt es sollen ca. 1000 Pilger jedes Jahr auf dieser Route laufen. Mal angenommen die meisten laufen im Sommer, da frag ich mich echt, wo die alle abgeblieben sind.
Jedenfalls waren die pilgerfreundlichen Unterkünfte pilgerfrei und die aufgeschlagenen Seiten der Pilgerbücher wochenlang nicht beschrieben. Gerade als Effekt des langen Lockdowns bis Mai hätte ich erwartet, dass es im Inland viel mehr Wanderer und Pilger gegeben hätte. Nicht falsch verstehen, ich brauch die Massen nicht, aber so ’n paar mehr Begegnungen wären schon schön.
Hm, jetzt wollte ich nur kurz kommentieren und zack – ist es doch mehr als ein Wörtchen geworden 😉
Lieben Gruß,
Sandra